Grazie, Mister Milano

Neubad, 18.11.2016: Lange herbeigesehnt, nun endlich da: Mister Milano im Neubad-Keller. Ein Trio, italienische Post-Disco, viele Messages. Die leider nur verstand, wer des Italienischen mächtig war. Nichtsdestotrotz ein grosses Vergnügen!

Warten. Warten. Warten. Mister Milano lassen sich Zeit, auf die Bühne zu gehen. Gut Ding will eben Weile haben. Die drei Mannen sind namentlich Max Usata (voc, keys), Igor Stepniewski (keys) und Lou Caramella (dr, drummachine). Drei Pseudonyme, auch zu finden bei Bands wie Puts Marie, Troika Trash, Palko!Muski und und und. Die beiden Vorabsingles «Zecchino d’Oro» und «Il collezionista» machten bereits im Vorfeld grosse Lust auf das Konzert, rund 70 Personen fanden denn den Weg in den Neubad-Keller (und das trotz einheimischer Konkurrenz im Treibhaus Luzern!). mister_milano__swiss_tour_promo_1_copy Italienische Post-Disco, Italian Synth-Pop, Italo-Electro, Italian Avantgarde, Fazzoletti-Pop: Die Stilschubladen wurden grosszügig und doch treffend geöffnet, um Mister Milano einzuteilen. Konkret geht Frontmann Max Usata seinen italienischen Wurzeln nach und singt unzählige Hommagen an die Kultur unserer südlichen Nachbarn. Da kommt RAI Uno zum Zuge, gleich mehrmals, beispielsweise mit dem bereits erwähnten Trip-Kracher «Zecchino d’Oro», dessen Titel für eine italienische Mini Playback Show steht. Das ist aber nicht simpler Kitsch, sondern durchaus liebevoll oder kritisch hinterfragend zu verstehen. Einerseits glitzernd, glamourös, feist, andererseits dunkel, melancholisch, müde. In der Folge werden auch korrupte Redaktionen, bestochene Fussballer oder Bunga Bunga-Politiker thematisiert. img_4037 Usata, ausgebildeter Schauspieler am Lee Strasberg Institut, tut dies in seinen Ansagen stets auf Italienisch, gestikulierend, dramatisierend. Schade dabei, dass 90 Prozent der Menschen im Raum seine Worte nicht verstehen, wodurch beispielsweise seine Widmung an Flüchtlinge untergeht, wenngleich ein Grossteil auch klassischer Bühnentalk ist. Die spürbare Irritation im Publikum verschwindet jedoch stets wieder, wenn die Musik losgeht und der Tanz beginnt. Aus uralten Synthesizern und Orgeln holen der beeindruckende Human-Arpeggiator-Stepniewski und Tasten-Neuling Usata fette Synth-Riffs heraus, die live ebenso stark zur Geltung kommen wie auf dem unglaublich empfehlenswerten Debütalbum «Mister Milano». Darüber singt Usata oder besser, er nöhlt mit seiner charaktervollen Stimme. Geschmacksvoll unterstreicht Drummer Caramella diese lustvollen Linien, unterstützt von seiner dominanten Drummachine. img_4045 Italienischer Fussball, italienisches Essen und italienische Musik haben gemein, dass sie Gedankenspiele erwecken, egal ob man diese nun mag oder nicht. Mister Milano stehen ebenso stellvertretend für jene These – eine Empfehlung ist die Band auf jeden Fall. Und so waren am Schluss alle irgendwie ein bisschen Italien. Grande magia, amici! Viene dal quorno, grazie, le onde del cielo!