Future Islands und vergangene Gefühle

Südpol, 22.05.2014: Im März entzückte der Frontmann von Future Island mit einer Videodokumentation seiner Konzert-Performance die Blogosphäre. Vor zwei Tagen war das Südpol-Publikum dann endlich an der Reihe.

(Von Eva Hediger)

Drei Konzerte an einem Abend ist ein dichtes Programm. Und vielseitig. Zumindest, wenn die Wahl der Bands so divers ist wie am vergangenen Donnerstag. Eröffnet wurde der Abend von Kristian Harting. Anfang Jahr erschien sein Debüt «Float». Dieses klingt nett, leicht und reduziert. Doch live vermochte der Solo-Sänger nicht zu überzeugen, zu ähnlich und dürftig erschienen die Klänge. Die sanften Songs waren kaum verweht, als Ed Schrader's Music Beat die Bühne betraten; zwei Kerle und ebenso viele Instrumente. Mit Bassgitarre und Trommel werkte sich das Duo durch die punkige Show. Aufgeheitert wurde diese durch Blödeleien, die jedoch nur schwach von der Tatsache ablenkten: Die Amerikaner waren mehr Witz als Wonne.

Kurz vor 22 Uhr setzte endlich der Applaus für Future Islands ein. Auf den letzten Touren sparte die Band die Schweiz aus. Als Anfang Jahr zwei Konzertdaten hierzulande bekannt wurden, war die Vorfreude gross. Ab März wurde diese mit einem viralen Video noch weiter geschürt: Es zeigt die Band bei der Interpretation von «Season (Waiting for You)» in der amerikanischen «The Late Show with Letterman». Knapp 1.7 Millionen Aufrufe später traten Future Islands endlich im Südpol in Luzern auf. Rasch war klar: Auch an diesem Abend wird Frontmann Samuel T. Hering die Show reissen. Und zwar im Alleingang. Natürlich, die Bandmitglieder waren für die instrumentale Ausstattung der Songs zuständig. Doch Hering sang, tanzte, redete, erklärte. Fast jedes Lied wurde mit seiner Entstehungsgeschichte eingeleitet. Egal, wenn sich das Erläutern dieser mit den ersten Akkorden überschnitt. Es schien, als erwachten in Hering die besungenen Gefühle neu: Melancholie, Liebe, Freude, Sehnsucht – und die Schattierungen dazwischen – lebten im Konzert wieder auf. Umhüllten das Publikum, das jeden Songanfang und jedes Ende ausgelassen feierte. Und dazwischen tanzte, hüpfte, schwieg.

Knapp eine Stunde und eine mehrheitlich aktuelle Songauswahl später war die Show zu Ende. Der nass geschwitzte Sänger verabschiedete sich wortreich, seine Bandkollegen stumm. Erst einige Zugabe-Rufer später betreten Future Islands wieder die Bühne. Er habe sich backstage ein wenig verloren, erklärt Hering sein langes Verschwinden. Etwas, das ihm auf der Bühne nicht passieren würde.  Die Zugabe – darunter der erste Song, den die Formation unter dem Namen Future Islands geschrieben hat – war der gelungene Abschluss einer soliden Show. Überschwappende Gefühle, gelebte Musikliebe, präsenter Sound: Future Islands vergassen noch verpassten etwas. Ein beinahe tadelloses Band-Erlebnis. Die Amerikaner sind mit ihrem vierten Album «Singles» bereit für den endgültigen Durchbruch. Für grosse Konzerthallen, noch mehr Fans. Denn dass neben dem strahlenden Frontmann die Mitmusiker beinahe verschwanden, bleibt der einzige Kritikpunkt des Abends.