Fragt die Kinder!

Kleintheater Luzern, 17.02.2016: Gibt es ein Recht auf eigene Kinder? Dieser Frage gingen Anna Papst (Regie) und ihr Team in der Theaterreportage «Ein Kind für alle» nach. Das Stück müssen alle Menschen gesehen haben – vor allem jene in der Schweiz.

Wer darf eigentlich Mama oder Papa werden? Die, die Kinder kriegen können und dem klassischen Paar-Bild der CVP entsprechen: Männlein und Weiblein? Und was, wenn es auf dem biologischen Wege nicht klappt? Samenspende oder Leihmutter in Anspruch nehmen? Verfassung, Religion und Natur ein Schnippchen schlagen? Die «Experten», welche Anna Papst, Maude Vuilleumier (Ausstattung) und Mats Staub (Dramaturgie) getroffen haben, haben alle ihre Antworten darauf – und denen wurde an jenem Abend von Jonas Gygax und Christoph Rath eine Stimme gegeben . Entstanden ist eine Theaterreportage, die unbedingt erlebt werden muss. Aufrüttelnd, anrüchig, amüsant: welch ein Abend! Das Setting war relativ schlank gehalten: zwei Stühle, zwei Schauspieler, Licht und eine Leinwand. Auf letzterer wurde zuerst ein historischer Abstrich zur Thematik gezeigt; ein Wechselspiel von verschiedenen kurzen Clips und Bildern, die für Schmunzler, aber auch Staunen sorgten. Danach diente die Projektionsfläche als Szenerie für die jeweils vortragende Figuren, welche wiederum durch kurze Schrifteinblender vorgestellt wurden.

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Die Interviewten stellten eine ungemein grosse Bandbreite in der Thematik des Kinderkriegens dar. Da gab es «Direktbetroffene» in Form einer deutschen Heilpädagogin, die eine Samenspende wollte, das Kind eines ihm unbekannten Samenspenders oder den homosexuellen Vater einer Tochter. Dann die Leihmutter sowie das ältere Professorenpaar, welches auf die Eizellenspende setzte. Und schlussendlich den prollig-sympathischen Samenspender, der jedes seiner inzwischen 55 Kinder beim Namen nennen kann. Solche Geschichten aus dem Leben sind immer wieder interessant. Gerade die Figur des schwulen Vaters bot so viel Argumentationsstoff, dass man sich einmal mehr lächerlich vorkam in diesem Land, das Homosexuellen das Eltern- und Heiratsrecht verwehrt und am 28. Februar unter anderem über eine Initative mit steinzeitlicher Ehedefinition abstimmt.

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Die Erzählungen wurden im Verlauf von drei Figuren ergänzt, die die religiöse, ethische und wissenschaftlich-geschäftliche Komponente abbildeten. Jene drei Inputs erschienen zwar spannend und wurden geschickt ins Zentrum eingewoben. Gleichermassen kam da in so kurzer Zeit so viel Information, dass der Kopf ein wenig zu rauchen begann. Die beiden Schauspieler Gygax und Rath schafften es aber, auch jene Episode eindrücklich zu vermitteln. Überhaupt, diese beiden: unglaublich. Wie sie es schafften, die subtilsten Stilelemente ihrer Figuren zu vermitteln, war einfach fantastisch. Doch was ist nun mitzunehmen aus diesem Theaterstück? Darüber sollen sich die Besucher_innen selber ein Bild machen. Herausgekommen ist bei allen Figuren auf der Bühne immer eine Kernbotschaft: Am wenigsten Mühe mit den verschiedensten Situationen hatten deren Kinder– denn die sind anpassungsfähig, ehrlich und offen, wenn die Eltern ebenfalls so agieren. Etwas, das man auch der hiesigen Bevölkerung wünscht. Deshalb bitte für alle ein Ticket für die Theaterreportage «Ein Kind für alle».

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«Ein Kind für alle» wird am FR 19.2. und SA 20.2. nochmals im Kleintheater aufgeführt. Höchste Empfehlung.