Entwicklungsszenarien im Treibhaus

Treibhaus Luzern, 11.04.2014: Potenzial und dessen Folgeschritt auf der Bühne. So geschehen an jenem Konzertabend mit zwei Schweizer Bands, die Format beweisen. Und wunderbar die Entwicklungskurven einer Musikkarriere aufzeigen

 Was für Ansprüche habe ich als Musiker? Wo will ich mit meinem Sound hin? Warum mache ich eigentlich Musik? Fragen, welche im Zyklus einer Bandlaufbahn in unendlicher Zahl weitergeführt werden könnten. Man kann sich mit ihnen verrückt machen oder aber eine zielgerade Planung vornehmen. Im Stile des australischen Musikers Chet Fakers beispielsweise, der Angebote sehr genau aussucht. Gestern tauchten diese Überlegungen am Konzert der beiden Bands The Espionne und Kejnu auf.

Die Kurve beginnt… The Espionne aus Hochdorf bevölkern seit einiger Zeit mit ihrem Indie-Rock-Gemisch die Luzerner Szene. Sozusagen als «Artist in Residence» der Gewerbehalle verteilt sich ihr an Foals erinnernder Sound über die Schweizer Landkarte. Der Auftritt vermittelte das eigentliche Potenzial dieser Band. Da wird lustvoll zwischen Disco und Kraut, Rock und Math gewechselt. Das macht Spass. Was fehlte, war an jenem Abend die Explosion. Die Musiker präsentierten sich eher steif. Irgendwie wollte der Motor nicht so recht zünden, was stellenweise durch spielerische Patzer offenbart wurde. Vielleicht weniger vom intervalllosen Doppelgesang und dafür ab und zu ein fettes, simpleres Gitarrenriff, damit abseits der Konzentration mal entspannter abgegangen werden kann? Oder doch ein paar dicke Synthiespuren aus dem Moog? Interessante Ansätze gibt es einige. Das Publikum goutierte die Show jedenfalls, erst recht tanzten die Zuhörer beim veritablen Hit «Cecilia» mit. Gespannt wird erwartet, was die Zukunft bringt.

…und steigt! Während der Espionne'sche Tanzer noch im Ohr hing, baute die Zürcher Truppe Kejnu auf. An der Bar stehend, «was denn das für ein  Song ist, der gerade aus den Boxen schallt» fragend, kommt die Antwort «das läuft grad live, die Band hat zu spielen begonnen». Ein kleiner Schock: Die vier Jungs klingen live genau so präzise wie auf Platte – oder sogar intensiver. Unglaublich, was Mastermind Nuél Schoch und seine grandiosen Mitmusiker da hervorzauberten. «Das können doch nur Profimusiker sein» – Sind sie. Quasi einen Schritt weiter also auf der Karriereleiter. Ramon Ziegler an den Keys ist beispielsweise mit Anna Känzig sowie What Josephine Saw dick unterwegs. Und Drummer Alessandro Giannelli spielte beim Schweizer Elektrogott Dieter Meier (Yello) mit. Teilweise studiert an der ZHdK, war das Line-Up Luxus. Fast schon lächerlich, dass solch eine starke Formation vor zeitweise knapp zehn Leuten spielen musste. Luzern blieb der guten Musik einmal mehr fern. Trotz Lokalprominenz im Publikum in Form des ehemaligen Mnevis-Frontmann Chregi Müller alias The Fridge, der aus Zürich angereist ist. Dass ab und zu der Spannungsbogen gesunken ist, wurde in Anbetracht der Qualität noch so gerne verziehen. Präzise und untermalt mit einer angenehmen Lichtshow sorgten Kejnu bereits am Freitag für die Überraschung des Wochenendes. Unbedingt auschecken!