Englische Tapas und Früchte des Zorns

Südpol, Luzern, 26.05.2017: Jason Williamson und sein Kumpel Andrew Fearn kommen aus England, genauer: Sleaford, eine Reisestunde von Nottingham entfernt. Zusammen sind sie die Sleaford Mods. HipHop und Punk. Punkt.

Bereits zum zweiten Mal beehrten die zwei Mods Luzern, zuletzt passiert 2014 am Blue Balls Festival. Gestern Abend war es dann endlich so weit, das monatelange Warten hatte ein Ende. Zugegeben, meine Erwartungen an den Auftritt der Sleaford Mods im Südpol waren hochgesteckt, nannte ich diesen doch bereits im Vorfeld sogar öffentlich und bescheiden als mein «Kulturhighlight» des Jahres. Mit dem Song «Army Nights» des aktuellsten Albums «English Tapas» eröffneten Williamson und Fearn einen knapp 90-minütigen Auftritt, der an Energie und Kraft seinesgleichen suchte. Wer lieber zuhause blieb, gediegen grillierte oder Sport trieb, war schlicht selbst schuld und zu bedauern. Für einmal gab es fürs Fernbleiben keine gültige Entschuldigung.

SleafordMods

Während Jason Williamson wie ein Stahlarbeiter mit hochrotem Kopf schwitzend, fluchend und zuweilen auch einmal spuckend seine Textsalven in breitestem Midland-Slang Richtung Publikum und Universum losfeuerte, stand Andrew Fearn bloss neben ihm und machte nichts. Respektive nicht viel – aber doch etwas Elementares. Er bediente die Start- und Stoptaste des Laptops und trank Bier; ist also quasi die Band. Seine rechte Hand meistens in der Trainerhose versenkt, mit einem seligen Grinsen im Gesicht und zum Beat wippenden Körper. Was für ein Bild! Weniger ist eben doch mehr. Fearn verkörpert Coolness in Person.

Über die minimalistischen Beats und knorrig spröden Basslines, vereint zu kraftvollen Songminiaturen, wettert und wütet Jason gegen alles und jeden – ist für nichts und umgekehrt, schiesst auf das, was ihm just vors Sprachrohr gerät.

Jason

Er beschreibt direkt und ungeschönt die Befindlichkeit einer heuchlerischen Gesellschaft, einer verdrehten Welt, die aus den Fugen geraten ist. Und macht mit seinem Partner klar und deutlich, was Punk-Attitüde auch heute noch meint: Fuck off –  den Mittelfinger zum Vögelchen gereckt! Wir sind nicht nett. Wir sind nicht einverstanden, nicht gekommen um zu folgen und zu liken. Nein danke.

In der Mitte Ihres Auftrittes erkundigte sich Jason Williamson: «Do you have a fucking good time?» – «Yes. We had even a fucking great time!» Das zahlreich erschienene, aus der ganzen Schweiz angereiste Publikum belohnte den Auftritt der Sleaford Mods mit frenetischem Beifall.

So long lads und bleibt zornig!