Donnerspass, Klappe, die letzte!

Schüür, Donnerstag, 30.5.2013: Das allerletzte Donnerspass-Konzert! Für diesen Anlass bündelten die Organisatoren noch einmal Groove und Atmosphäre. Dementsprechend gestaltete sich der zweite Best-Of-Abend.

Kassette sorgte als Special Guest für den Anfang vom Ende. Die Singer/Songwriterin aus Fribourg trat in Trio-Besetzung auf, erhielt Unterstützung vom Michel Blanc (Honey for Petzi, Polar) und Multiinstrumentalist Sacha Ruffieux. Enorm charmant führte sie durch die erste halbe Stunde. Spanisch sowie Englisch singen, Französisch und Hochdeutsch sprechen: Die Dame hat’s drauf! Ihr dunkler, bluesiger Rock erschien zu ihren freundlichen Ansagen direkt konträr. Roher und dreckiger Minimalismus, gepaart mit samtener Stimme, ergab einen stimmungsvollen Start. Mühsam mutete gegen Ende das Schlagzeugspiel von Sacha Ruffieux an. Eigentlich unterstütze ich Leidenschaft und Engagement, aber wie ein fünfjähriges Kind sein Schlagzeug zu verprügeln, wirkt lächerlich und hilft dem Sound nicht. Lokale Künstler sollten beim letzten Donnerspass-Abend nicht fehlen.

Joan & the Sailors sorgten für Luzerner Präsenz in der Schüür. Die Meeres- und Segelmetapher wird immer gerne benutzt, um den Sound des Quintetts zu beschreiben. Mir erscheint ein Ausflug in die Welt indianischer Mystik passender. Während die Band mantraartig Textzeilen singt, beschwört Leadsängerin Joan Geister ihres eigenen Kosmos herbei.

Cello, Gitarren, Drums und Klatschen erzeugen das einzigartige Trip-Hop-Folk-Post-Rock-Gemisch. Neben Kapnorth und Alvin Zealot sind die Segler die am meisten gesehene Luzerner Band meinerseits. Dementsprechend erschöpft war das eigene Ohr vom (nach mehrmaligen Hören) träge wirkenden Album «Mermaid». Die Spannung war also gross, wie «Homestorm» klingen würde – Hier kam ich bisher nicht in den Live-Hörgenuss. Antwort: Erstaunlich gut, und das erst noch mit einer Gitarre weniger. Im gleichen Zusammenhang erfreute die Präsenz von Gregory Schärer am Bass, der einen schwierigen Job übernahm, diesen jedoch grandios erfüllt. Die Groove-Varianz der neuen Platte gab dem Konzert eine interessante Dynamik. Vom ordentlich gefüllten Saal wurde der Auftritt begeistert honoriert, man steuerte mit starker Musik in Richtung Finale. Und dieses fiel mehr als fulminant aus.

Was nicht verwundert, stand mit Leech eine der stärksten Schweizer Formationen auf der Bühne. Die Post-Rocker aus Zofingen sind genial. Vor einem Jahr im Sedel wurde ich von ihrem Gig ganz brutal und fies getroffen. Jede Gänsehautzelle meines Körpers tanzte und schwelgte gleichzeitig zum neu entdeckten Sound der Aargauer. «If We Get There One Day, Would You» und «Stolen View» gehören seither zum musikalischen Vokabular meiner absoluten Schweizer Lieblingsplatten. Hier muss nicht mehr kritisiert werden, weil es eigentlich fast nichts zu kritisieren gibt. Wenn ein Song wie «Inspiral» sich aufbaut und dich wie beim Jubeln auf dem Gipfel des Mount Everest vorkommen lässt… Oder «Turbolina» (Drummer Serge Olar for the win!) mit dem elementaren Cabasa-Einsatz und fast schon funky Gitarren selbst das hinterletzte Füdli zum Mitgrooven einädt… Dann will nicht mehr das Haar in der Suppe gesucht werden. Aber natürlich: Nicht jeder Song fährt in solch einer Intensität wie die eben genannten ein. Und der Überraschungseffekt im Sedel war bestimmt grösser. Doch sobald mittels Sampling Pad ein mächtiger Bass-Boom sprichwörtlich fast die Kleider vom Leibe reisst, gehen Contra-Argumente schnell wieder den Bach runter. Lange lebe der Überraschungseffekt! Wie rauchende Schlachtschiffe spielten die Bandmitglieder, Zigaretten inklusive und dampften Richtung frenetischen Applaus und Jubelklänge.

Ein mehr als würdiger Abschluss für eine tolle Konzertreihe. Toll, dass die Schüür solch einen Genuss ermöglicht (hat). Freunde der Wehmut dürfen die Tränen trocknen, im Herbst soll bereits ein Nachfolger bereitstehen, wie man der Homepage des Konzerthauses entnehmen kann. Dann sollen die Gigs aber nicht mehr an einem bestimmten Wochentag gebunden sein. Gute Musik zu einem verdammt guten Preis hat also Zukunft. Schön so.