Die heiligen Lehren des Rock 'n' Roll in Luzern

Jazzkantine, 26.11.2016: Shady and the Vamp verwandelten diesen Samstag die Jazzkantine in einen 1950er-Rock-n-Roll -Erlebnispark für Erwachsene. Für die Plattentaufe von «The Holy Teachings of Rock n Roll» wurden schwere Geschütze aufgefahren und Geduld strapaziert.

In gewisser Hinsicht waren die 1950er eine wunderbare Ära. Der Rock 'n' Roll war zwar noch in den Kinderschuhen, nahm aber immer mehr an Fahrt an, als weisser Mann hatte man alle Möglichkeiten und die Film-Industrie produzierte mit der damals neuesten Technik die besten B-Horror-Filme der Welt.

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Dieses Lebensgefühl zelebrierten «Shady and the Vamp» ausgiebig bei ihrer Plattentaufe in der Jazzkantine. Man bekam eine 3D-Brille am Eingang und konnte sich Trailer von Horrorfilmen mit gigantischen Heuschrecken und Gila-Echsen ansehen. Es gab ein Schnürchen-Spiel, das von zwei mit Plastik-Brüsten ausgestatteten, jungen Damen bedient wurde und bei dem man verschiedenstes «Shady and the Vamp»-Merchandise gewinnen konnte. Der DJ griff nebst neueren Garage-Punk-Songs auch immer wieder in die Nostalgie-Kiste und kramte Elvis und seine Kumpanen hervor. Das alles war für eine gewisse Zeit recht unterhaltsam. Als dann aber nach einer Stunde, nach dem angekündeten Start der Konzerte, sich immer noch nichts auf der Bühne regte, wurde man langsam ungeduldig.

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Nachdem man seine einenhalb Stunden abgesessen hatte, tat sich dann endlich mal etwas auf der Bühne. «Straberry Savage» aus Stockholm starteten zögerlich ihr Set. Eben noch in Denim-Jacke und T-Shirt hatte das Duo sich nun in Partnerlook-Schale geschmissen. So wirklich funktionieren wollte dann aber trotz aufbretzeln nicht so ganz alles. Monitore, die zu leise eingestellt waren und die Frage ins Publikum, ob man sie hören könnte oder ob die Gitarre zu laut sei, liess das ganze ziemlich ins Stocken kommen. Aber nichts, was ein Schluck aus der Jameson-Flasche nicht lindern und ihr schwedischer Charme wieder gutmachten konnte. Musikalisch war es ein solides Set mit selbst betiteltem «Garage-Punk-Country» der in die Beine ging und sich in den Händen wieder entlud. Als dann «Les Crotales» mit ihrem Auftritt, das gefühlt aus einem sich immer wieder wiederholenden Song bestand, fertig waren, war es endlich Zeit für «Shady and the Vamp». Rotzig von Beginn an rissen die drei Musiker der Jazzkantine ein Loch in die Decke. Gourmand-Garage-Punk wurde versprochen und das war, was man bekam. Twangige Gitarren in schweisstreibendem Tempo, gepaart mit verzerrten, nasalen Vocals. «Shady and the Vamp» haben die heiligen Lehren des Rock 'n' Rolls verinnerlicht, auswendig gelernt und gaben sie nun der willigen Masse, die sich in der Jazzkantine zusammengefunden hatte, weiter. Frech und trotzig und doch auch so, als ob man gerade seiner Mutter wiedersprechen würde, bei der man weiss, wie weit man gehen darf, ohne, dass es Hausarrest regnet. Dieser Rock 'n' Roll mit Grenzen tat der Atmosphäre keinen Abbruch, denn genau so wie in den Anfängen stand die Musik im Vordergrund und die Rebellion gegen das Establishment hatte da noch nicht begonnen.