Die aussergewöhnlich lange Nacht der kurzen Filme

Kino Bourbaki und Stattkino, 20.05.2016: Die internationalen Kurzfilmtage Winterthur feiern ihr 20-jähriges Jubiläum. Eines blieb von Jahr zu Jahr gleich: Keine Kurzfilmnacht war wie die andere, denn die Filmauswahl legt immer erfrischend neue Schwerpunkte.

Bier kühl, Licht aus, Kurzfilmnacht, Pause, Licht an, Bier kühl. An dieser Kurzfilmnacht hat sich das Spiel nicht drei, sondern ganze vier Mal wiederholt. Das diesjährige Programm trumpfte mit Überlänge auf: Statt wie gewöhnlich bis um halb eins, hatten Fans die Möglichkeit, ihrer Filmsucht bis um halb drei Uhr Morgens zu fröhnen.   26843072391_7a37c97eef_o

«Man wird hier bewusst demoralisiert und entsozialisiert. Ein Teufelskreis beginnt.»

«Ein Ort wie dieser» vom Luzerner Filmemacher Philip Meyer eröffnete den langen Abend kurzer Filme mit der «Sedel-Hölle» und seiner Geschichte. Vom Gefängnis zum Kultur- und Partyraum. Für alle, die am Upcoming Filmmakers Festival waren, blieb dies nicht der einzige Film mit Déjà-vu-Effekt: Auch «Ruben Leaves» haben die Besucher des anderen Festivals bereits sehen können. Gemeinsam hatten die darauffolgenden «Swiss Shorts», dass sie fast alle gesellschaftskritisch waren. Gefühlsmässig waren sie aber völlig verschieden. Der Programmblock glich einer Emotionen-Achterbahn: Die traurigen Shorts «Le Don (The Gift)», «The Meadow» und «Nirin» wurden von den unglaublich witzigen »Subotika – Land of Wonders», «Ruben Leaves» und «Lucens» abgewechselt. Eine «grosszügige» 300 Franken Spende für eine arme Familie, ein Ferienurlaub in der Industrienation Subotika und Fondue-kochende Nuklearwissenschaftler – eine geniale Mischung.

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Die drei weiteren Programmblöcke waren «Back to the Past», eine Zusammenfassung der Publikumslieblinge aus den letzten zwanzig Jahren, «Happy Aging» über die Wünsche und Sehnsüchte im Alter und «Fantastic Nocturne», die phantasievollen Shorts aus Neuchatel. Mit jedem Programmblock wurden die Zuschauer weniger. Nicht jeder hat den Ehrgeiz oder überhaupt die Möglichkeit, das ganze Programm bis nach zwei Uhr Morgens zu geniessen. Schade war an dieser Kurzfilmnacht nur, dass der Programmblock «Happy Aging» nicht unbedingt ein Thema sein sollte, womit sich die Jungen beschäftigen müssen. Viel lieber hätte man den Teil am Schluss gesehen, um ihn so auch weglassen zu können. Aber womöglich musste der glücklich alternde Bevölkerungsteil eben schon früher ins Bett. Man könnte meinen, dass sich die Themen der Kurzfilmnacht nach all den Jahren wiederholen und langsam langweilig würden. Eine solche Annahme wäre weit verfehlt. Langweilig wurde die Kurzfilmnacht in all den Jahren nie. Denn inhaltlich war noch kein Programm mit einem anderen vergleichbar. Dies ist sicher zum einen Teil den Filmemachern zuzuschreiben, die immer neue Gestaltungsmöglichkeiten und aktuelle Themen für ihre Shorts umsetzen. Es ist zum anderen Teil aber auch die liebevolle Zusammenstellung durch das Veranstaltungsteam, welches auch immer wieder unbekannte Kurzfilmperlen findet Es hat sich gelohnt, hinzugehen.   Wer die Kurzfilmnacht verpasst haben sollte, kann sie am 27. und 28. Mai noch in Uster und St.Gallen sehen.