Der Pilatus bebt – Seed Of Pain taufen ihre Platte

Im gut besuchten Treibhaus tauften die Luzerner Seed Of Pain am Freitag ihren neusten Streich «Blindfolded & Doomed». Als Support gastierten Les Yeux Sans Visage. Einem Abend in Moll und schwarz-weiss stand nichts mehr im Weg.

Da Les Yeux Sans Visage am Freitag 27. November in der Schüür ihre 7 Inch taufen und wir vom Kulturteil sicherlich vor Ort sein werden, belasse ich es bei dieser Gratis-Werbung und wechsle sogleich zu Seed Of Pain. Ihre Musik kann man getrost mit dem Präfix «Post» versehen, also Post-Metal, Post-Rock oder Post-HC. Alle diese Stile treffen ansatzweise den Kern, können als Wegweiser dienen, die jedoch nicht immer ans Ziel führen. Seed Of Pain vertonen die dunklen Seiten des Lebens – die Wut, die Angst, die Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz.  Die Faszination ihrer Musik entsteht durch ihre musikalische Verarbeitung dieser Themen.

Dienten Punk-Rock und Hardcore in den Anfangstagen für junge Menschen als Katharsis und um sich den damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen entgegenzusetzen, haben diese beiden Stile mittlerweile in der Popkultur ihren festen Platz eingenommen. Die Aggression wird nicht mehr als Provokation wahrgenommen und somit ihrer Subversion beraubt. Seed Of Pain dient Hardcore als Basis, wird jedoch durch Negation der herrschenden Codes und Regeln dieses Genres auf eine andere Ebene gehievt, die sich einer klaren Festlegung entledigt. Die Subversion liegt darin, nicht fassbar zu sein – die Genregrenzen zu überschreiten. Und auf einmal öffnen sich Klangwelten, die dunkle Bilder hinaufbeschwören. Der Rhythmus windet sich durch die Songs, dreht sich, Gitarreneffekte perlen über den Wall Of Sound und Sänger Matthias Heller schreit seine Wut in die Welt hinaus. Gesang und Musik korrespondieren miteinander, es entsteht eine Synthese aus beidem. Es ist laute und harte Musik. Es ist zu hoffen, dass trotz ihrer aggressiven Härte, auch offene Geister mit sensiblen Ohren sich dieser Musik öffnen. Ein bärtiger Mittzwanziger, der mit einer Klampfe in der Hand und wehleidig mit Kopfstimme von einer verflossenen Liebe schwadroniert, kann herzig sein, kann gefallen. Doch sind diese Art von Gefühlen, musikalisch verarbeitet, meist dem Schöngeistertum unterworfen. Bei Seed Of Pain scheiden sich die Geister und bitten die Dämonen zum Tanz. Es werden die Gefühle rausgelassen, die mit aller Vehemenz raus müssen. Vom ersten Ton an brechen die Dämme, wird zerstört und wieder aufgebaut, um letztlich einen Scherbenhaufen zu hinterlassen. Das ist ehrlich, da es keinen Moment unsere Existenz beschönigt - unser Leben in Wohlstand und Wahnsinn.