Der Hügel ruft

Sonnenberg Kriens, Donnerstag 13.06.2013: Es ist wieder Zeit, auf die andere Seite der Musik zu starren und dem Ruf des Hügels nachzukommen. Das B-Sides startete stürmisch, nur leider nicht im musikalischen Sinne.

(Fotografien: Silvio Zeder)

Auch als Einheimischer fällt einem immer wieder auf, dass der Sonnenberg doch eine gewisse Höhe hat. Für den Zugang zum B-Sides Festival pilgern die Besucherinnen und Besucher wie Ameisen über alle verfügbaren Strassen in Richtung Hügelspitze. Beim Hinaufwandern kaum hörbar, eröffneten The Slow Show, eine britische Band mit musikalischen Einflüssen aus den Staaten, das mittlerweile achte Festival auf dem Luzerner Haushügel. Diese Ehre wäre eigentlich Nightlands vorbehalten gewesen, aber diese mussten ihre Tournee kurzfristig absagen. So beherrschten sanfte Töne, mit Streichern und Piano erzeugt, den ersten Auftritt auf dem Sonnenberg. Mit der Formation Lila änderte sich die Tonlage rasant. Christoph Erb am Sax, Hans-Peter Pfammatter an den Tasten, Flo Stoffner an der Gitarre und Julian Sartorius, der in den letzten beiden Tagen bereits solo im Alpineum und im Pavillon Tribschenhorn für Furore gesorgt hat, gaben einen Einblick in das zeitgenössischen Schweizer Jazzgeschehen. Zwischen stakkatohaften, improvisiert wirkenden Sequenzen, fügten sich – wohl ganz im Sinne des Publikums – rasante und auffällig rhythmische Stücke unter das Repertoire von LILA. Man merkte, diese Männer kennen ihre Instrumente, wissen, was sich aus ihnen herausholen lässt und sind doch stets für Überraschungen gut.

Und dann war es soweit: Pünktlich zum Auftritt der Grande Dame, dem angepriesenen Hauptact des Festivals, zogen die Gewitterwolken auf und wartetenknapp die Hälfte des Konzerts ab, bis sie sich kurz in aller Stärke entliessen, um sich anschliessend wieder zu verziehen. Zum Glück hat Sophie Hunger sich nicht weiter beirren lassen und das Konzert auf dem schönen Sonnenberg mit reichlich Zugaben über die Bühne gebracht. Auch wenn man vermag zu witzeln, dass Sophie Hunger die Wolken mit ihrem tiefen, melancholischen Gesang beinahe heraufbeschwört habe (vor allem, wenn es heisst: «Le vent nous portera»), wäre dies doch ein wenig zu vergriffen und man schiebt es besser auf die geografische Lage von Kriens und dem Sonnenberg. Gewohnt stilsicher, in Englisch, Deutsch oder Französisch singt die Frau im Kleid, die laut Ansage auch noch Fussball mögen soll, spielt auf hohem Niveau Gitarre und Piano und lässt einem nicht an Talent und Erfolg von Sophie Hunger zweifeln. Ehrlich und begeisternd stand im Programmheft. Authentisch auf jeden Fall, für die totale Begeisterung braucht es vielleicht da und dort noch einen musikalischen Ausschlag in der Frequenzwelle.

Es gibt auch Wissenschaftler, die Gutes und Sinnvolles für die Musik tun. So auch der New Yorker Brian Shimkovitz, der sich als Musikethnologe mit afrikanischen Klängen auseinandersetzt, diese sammelt und als DJ in die Welt hinausträgt. Awesome Tapes from Africa heisst das Musikprojekt, das dem ersten B-Sides Abend zu einem groovigen Ausklang verhelfen sollte. Leider kam es ein wenig anders, nämlich mit einer irritierenden Ansage aus dem Off, dass die Polizei und wer auch immer den Leuten rate, den exponierten Hügel wegen aufkommender Sturmböen zu verlassen. Die Meldung zeigte Wirkung und ein gemässigter Massenexodus verliess das Gelände , und die Taxifahrer erlebten einen lukrativen Abend. Auch so kann man ein Festivaltag beenden.