Das Scheitern einer Utopie

Theater Pavillon Luzern, 31.08.2018: «Merlin oder Das wüste Land», ein buntes Heldenepos, das trotz seiner humorvollen Erzählung eine ernste Botschaft hat.

Foto: Dave Schläpfer

Eben stand der Teufel, die Theaterschminke schon im Gesicht, aber noch in ziviler Kleidung, draussen vor der Türe des Theater Pavillon und rauchte. Bald darauf findet man ihn drinnen auf der Bühne wieder. Die Luzerner Spielleute zeigen Tankred Dorsts Ritterepos «Merlin oder Das wüste Land» inszeniert von Ueli Blum, in dem es zu einer Wette zwischen dem Teufel und seinem Sohn Merlin kommt. Merlin soll die Menschheit zum Bösen führen. Er jedoch weigert sich dagegen und versucht seinem Vater zum Trotz, Gutes für die Welt zu erreichen. Als Exempel dienen König Artus und die Ritter der Tafelrunde, die Merlin manipuliert. Bereits der Widerspruch, mittels Manipulation zum Guten zu gelangen, lässt Schlimmes für den weiteren Verlauf der Erzählung ahnen. Ein Konflikt zwischen Gut und Böse, zwischen Vater und Sohn ist die Folge.

Als erstes fällt den Zusehenden die Bühne (Adrian Hossli) ins Auge. Die Mitte verwechselt man erst mit einer Drehbühne, bis die Ritter um die Tafel Platz nehmen und sie sich als runder Tisch entpuppt. Der Tisch gilt als Symbol für eine Welt, in der alle Stimmen gleich viel wert sind. Fast drohend wird die Tafelrunde von einem Baugerüst eingesäumt, das mit Altmetall aus einer Verbrennungsanlage behängt ist. Auch im Bühnenbild spiegelt sich die nahende Katastrophe wieder. «In einer Verbrennungsanlage verbrennt Blech nicht. Es ist ein Sinnbild für das Schlechte, das auf der Welt zurückbleibt», erklärt Blum.

Ueli Blum inszeniert eine märchenhaft anmutende Erzählung in Mundart, deren Inhalt aktueller ist, als man anfangs vielleicht vermuten möchte. Stets mischt Blum Gedanken an aktuelles politisches Geschehen und daran, wie schnell das demokratische System instabil werden kann, unter das Geschehen auf der Bühne. Diese Aktualität ist auch in den Kostümen (Barbara Medici) mancher Ritter sichtbar verwoben, die silbern glänzende Kettenhemden mit Jeans kombinieren. Eine grosse Rolle spielt zudem die Sprache der Figuren. Ihre Ausdrucksweise ist zwar nahe am Alltag, aber sehr wohlüberlegt gestaltet. Die Mundart ist dabei wichtiger Vermittler von Emotion, Authentizität und Gegenwartsbezug. Wo die Sprache keine Worte findet, setzt Musik (Roman Glaser, Carolin Andergassen, Giuseppe Di Guglielmo) ein. Die Inszenierung wird getragen von Tanz und Klängen. Choreografie, Musik, Spiel und Erzählung verschmelzen zu einer gemeinsamen Sprache.

Die Tafelrunde stellt eine Welt ohne Krieg dar. Sie stürzt nach und nach in ein Chaos aus Intrigen, Machtgier und Eifersucht und gipfelt im Krieg zwischen König Artus und seinem Sohn Mordred. Die Ritter der Tafelrunde scheitern und mit ihnen scheitert Merlins Vision einer gewaltfreien Welt. Der Tod tanzt anmutig durch das Schlachtfeld. Die Katastrophe ist eingetreten, der Teufel zufrieden. Und das ist das Publikum auch; es dankt mit anhaltendem Applaus für einen berauschenden Abend im Merlin-Universum.

«Merlin oder Das wüste Land» ist im Theaterpavillon noch an 12 weiteren Termine im September zu sehen, Dernière ist am 22.09.2018. Hier geht's zur Facebook-Seite.