Booze'n'Blues mit Satan und Sauhund

Südpol Luzern, 11.06.2016: Wenn der Meisterautor auf die Meistermusiker trifft, was passiert dann? Michael Fehr gab zusammen mit Manuel Troller, Andi Schnellmann sowie Julian Sartorius eine Antwort. Und jene fiel wuchtig aus: die Südstaaten im Schweizer Südpol!

Dunkel ist es im Club des Südpol, als der Berner Literat mit seinen Mitmusikern auf die Bühne tritt. Ein schlankes Riff wird von Gitarrist Troller angestimmt. Die Atmosphäre verändert sich – Spannung liegt in der Luft. Das Riff, es nimmt immer mehr Gestalt an, die Pausen verkürzen sich, der Blues beginnt zu flammen. Und als Fehr einsteigt, mit seiner einzigartigen Reibeisenstimme von der Dunkelheit singt und da so steht im Dunkeln, da ist man nicht mehr an einem Konzert. Nein, man taucht ein in die Welt eines Tiefsinnigen, der mit Troller einen weiteren Tiefsinnigen gefunden hat. Menschen, die sich intensiv beschäftigen, die im Kleinen das Grosse finden und mit dem Kleinen das Grosse erschaffen.

FehrTrollerdunkel

Im Duo haben die beiden schon am gestrigen Abend gespielt, tags drauf taten sie es mit Julian Sartorius am Schlagzeug und Andi Schnellmann am Bass – also mit zwei weiteren Audio-Akribikern – in der Band-Version. Zuletzt ist diese Formation an den Stanser Musiktagen aufgetreten, viele Auftritte hatten sie noch nicht. Das ist erstaunlich und kann nur auf die vollen Terminkalender von allen Beteiligten schliessen. Der Auftritt im Südpol war eine Wucht. Fehr wirkte wie eine stimmlich-performerische Mischung aus James Brown und Tom Waits, inklusive Kreischen, Ächzen, Stöhnen. Daneben seine drei Mitmusiker, die aus reduzierten Patterns das Maximum herauskitzelten. Wenn der Berner Wortmaler vom Satan sang oder vom Sauhund und dabei gewisse Phrasen immer und immer wieder repetierte, dann entwickelte das eine Energie, wie man sie sich nur in einer Südstaaten-Kirche vorstellen kann. Fehr, der Priester, beschwor den Gott von Lyrik und Musik, daneben seine Gospelband, bestehend aus drei der besten Musiker der Schweiz (und alle einst verbunden mit Sophie Hunger, einer weiteren Vertreterin der starken Worte).

FehrTrollerTheLord

Zuweilen nahm die Performance solch grossartige Züge an, dass Schnellmann und Sartorius selbst etwas ungläubig lachen mussten. Speziell erwähnenswert war auch die Performance hinter dem Licht- und Mischpult: Michael Eigenmann pushte den ohnehin hochstehenden Gig auf eine weitere Ebene mit herrlichen Lichtspielen, kontrastierend dazu liess Neo-Technikchef Felix Lisske den Sound mit einer trockenen-knackigen Mischung genau so sexy klingen, wie das Spiel auf der Bühne daherkam. Da erschienen die Geschichten vom armen Rebhuhn und wie man dieses ausnimmt, ihm die Augen rausnimmt, oder die vom Satan und vom Mädchen und vom Duell und überhaupt, da erschienen diese Geschichten in einem Glanz, der den Atem raubte.

FehrTrollerVerschwommen

Die Power übertrug sich nicht zuletzt aufs Publikum. Gerade die genussvoll ausgekostete Pausen und die Duelle mit der Dynamik erzeugten eine stetige Auf- und Entladung. Man stelle sich vor: Wenn sogar das Schweizer Volk zum Jubeln und Schreien gebracht wird ... Wie wird sich so etwas erst in Amerika auswirken, wo Fehr und Troller demnächst im Rahmen eines Atelieraufenthaltes die Songs weiterentwickeln werden? Beantworten werden es hoffentlich die Mütter und Väter des Blues – dieses Projekt ist nämlich etwas vom Feinsten des aktuellen Schweizer Kulturjahres und muss den nächsten Schritt definitiv angehen – den Auftritt in Amerika.