Blick über das Seeufer hinaus

Benzeholz – Raum für zeitgenössische Kunst, Meggen, 20.05.2016: Zwei Künstlerinnen mit ausgiebiger Luzern-Vergangenheit verwandeln die drei Stockwerke im Benzeholz mittels Videoprojektionen und Installationen in einen wässrigen Sehnsuchtsort mit architektonischen Hintergedanken.

Getreu nach dem Leitspruch des Hotels Bellevue «Das Hotel am See mit etwas mehr» inszenieren die beiden Künstlerinnen Judith Albert (*1969 in Sarnen, lebt in Zürich) und Angela Wüst (*1986 in London, lebt in Zürich) ihre Ausstellung «Seh Meer» als einen Ort, der die idyllische Umgebung am Seeufer von Meggen künstlerisch hinterfragt. Im verdunkelten Erdgeschoss flimmern die Videoarbeiten von Judith Albert in unterschiedlichen Formaten auf innovativen Projektionsflächen. Greift man auf dem Tisch zum Saaltext ist man als Betrachter mit einer absurden Verarbeitungstechnik von zwei Fischen konfrontiert. Wie frisch aus dem Vierwaldstättersee gezogen, liegen die gefilmten Fische auf dem Tisch und werden mit Kupferdraht vice versa an ihren Köpfen und Schwanzflossen zusammengebunden und suggerieren ein situatives Tischgedeck. Wasser funktioniert als zentrales Element von Judith Alberts Videoprojektionen, so auch in «mare mosso» aus dem Jahr 2015: ein latent surrealer Mix aus Collage und Filmaufnahmen lässt die Künstlerin zwischen den brechenden Meereswellen und dem Ufer balancieren. Automatisch stellen sich Gedanken an die bevorstehenden Sommerferien ein, man verortet sich selbst in Meeresregionen und wird sich innerlich gewahr, dass das Benzeholz einen wunderschönen Standort besitzt. Fehlt eigentlich nur noch das Meer ...

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Im Mittelgeschoss lässt sich eine Installation aus grossformatigen Architekturfotografien auf Hartfaserplatten von Angela Wüst durschreiten. Neonröhren am Boden beleuchten die irritierend-perspektivisch in den Raum gesetzten, teils fragmentarischen Aufnahmen von Fensterpartien, Geländern und Sichtbetonwänden. In ihrer Anordnung erinnern die einzelnen Versatzstücke an kulissenartige Elemente eines architektonischen Bühnenbildes. «Aus den skulpturalen Architekturteilen entsteht eine Stadtlandschaft, die aber nicht als Ganzes lesbar ist.» schreibt die Kuratorin Annamira Jochim im Saaltext und verweist dabei auf die polyperspektivische Wahrnehmung der Installation, die durch subtil bewegende, projizierte Lichthorizonte erweitert wird. Die Arbeit von Angela Wüst wirkt beinahe sinnbildlich für das architektonische Erscheinungsbild der Gemeinde Meggen, ein Hybrid zwischen kleinkarierter Vorstadtidylle und protzigem Villen-Charakter.

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Eindrücklich fügt sich die sechsminütige und kreisförmige Videoprojektion «Berg» im Dachstock als Pseudo-Giebelfenster ein. Wie gefangen in einer Schneekugel deutet die von kleinsten Luftbläschen bevölkerte Hand der Künstlerin die Form eines Berggipfels an. Was hervorragend als Referenz an den Ausblick auf die umliegenden Voralpen gedeutet werden kann, verdichtet sich in der Silhouette eines Hügelzugs, die Judith Albert mit zusammengeführten Fingerspitzen evoziert. Benzeholz_Abert_Wuest4

Die Ausstellung ist im Benzeholz noch bis zum 19. Juni 2016 zu sehen. Öffnungszeiten jeweils DO / SA / SO von 14–18 Uhr.