Bilder und Töne für ein Filmpoem

Bourbaki Luzern, 22.6.2017: Zwei Bands, ein Projekt, schwarz-weisse Impressionen als Film von Davix und Karim Patwa – «Supersonic Airglow» heisst das Werk, das sich den Bands The Young Gods und Koch-Schütz-Studer annähert, die sich wiederum einander annähern. Ein Film mit adäquaten Bildern zum experimentellen Sound.

Zusammen hatten sie sich aufgemacht, gemeinsam zu spielen. Einmal sprechen sie miteinander, wie es gelingen könnte, das «more to come». Einer scherzt, es vielleicht mit LSD zu versuchen, um eine Stufe höher zu erreichen. Oder so, es ist Franz Treichler: Es gehe darum, «Young-Gods-Fans eine Musik nahezubringen, die sie sonst nicht hören würden». Auch dies: «Die besten Momente sind die, wenn du nicht mehr denkst.»

Und so kübeln sie denn, rohren und grooven und frickeln, Doppel-Drums, Elektro-Cello, Sax, Bassklarinette, Gitarre, Synthies und allerlei Geräte, Bass, Sitar und Gesang. Wer hier zusammengekommen ist, gehört zu den (auch international) renommierteren experimentellen Musik-Acts der Schweiz. The Young Gods eben, in Fribourg gegründet, seit Mitte der 1980er-Jahre am Werk. Die Post-Industrial-Band kannte man damals dank Radio DRS 3. Und hier in der Gegend konnte man sie ein allererstes Mal – nein, nicht in der Stadt, sondern bei Muisig uf äm Landäbärg in Sarnen erleben; dahin pilgerte weiland halb tout Lucerne. Die andern: Koch-Schütz-Studer, die etwas andere Sedel-Band. Aus Luzern: Fredy Studer, der Ausnahme-Drummer, aus Biel: Martin Schütz, der Cellist und der Saxer/Bassklarinettist Hans Koch. Ihr Label heisst «Hardcore-Chambermusic».

fredy studer ss airglow

Der Film hält Szenen, Impressionen aus dem Musik-Leben parat, Proben, Soundcheck, Garderobe, Konzert, Musik mit Instrumenten, Maschinen, Monitoren, Grätli. Dazwischen eine Tänzerin im Wald, Stabpuppen, nächtliche Stadtszenerien, Eisfeld, Aquariumbesuch, verzücktes Konzertpublikum.

Zwischenhinein verständigen sich die sieben Musiker verbal. Man fragt sich, was Improvisation denn eigentlich heisse, man diskutiert, was es mit «keine Regeln» und «Einschränkungen» auf sich hat. Alain Monod verrät, wie er einst Militärpilot werden wollte, und vergleicht das Fliegen mit der Musik: «Wenn du dein Instrument beherrschst, kannst du abheben.» Das Musikverständnis kennt, wie es einmal heisst, «den Prozess des Lernens und Verlernens».

Wie ergiebig ist es, wenn Musiker theoretisieren, überhaupt sprechen, statt Musik zu machen? Zu letzten grossen und bündigen Aussagen kann es nicht kommen. Es sind, auch der gebotenen Kürze geschuldet, notwendigerweise Annäherungen. Und auch dies, typisch Schweiz: Infolge fehlenden Frühfranzösischs wird untereinander vornehmlich Englisch gesprochen.

la la land

Dokumentieren im Sinn von Zusammenhänge darstellen kann und will der Film nicht. Statt Dok-Film würde man es am ehesten einen Film-Essay nennen. Dessen Bilder und Töne schwingen sich in den besten Momenten zum eigentlichen Film-Poem auf. Das Schwarz-Weiss lenkt nicht ab, die Bilder werden dichter, ein einheitlicher visueller Ton herrscht vor. So wäre der Farbverzicht interpretierbar.

Der Stoff ist sozusagen bereits «historisch», speist sich das Filmmaterial doch aus der Tour im Jahr 2010, als die beiden Bands unter dem Projekt-Obertitel «More to come (for additional confusion)» unterwegs waren, in der Westschweiz, in Paris oder in der Schüür (am 10. Juni nämlichen Jahres nämlich). Gründungsmitglied Alain Monod alias Al Comet ist seit 2012 nicht mehr dabei; unter dem Namen Mahadev Cometo hat er soeben ein Soloalbum als Sitarspieler und Elektroniker veröffentlicht (Titel «Freedom»).

 

Supersonic Airglow, Regie: Davix & Karim Patwa, CH, 51 Minuten

Spezialpremiere: Bourbaki, DO 20. Juni, 21 Uhr

Nach dem Film Q & A mit Crew/Cast

+ FR 30.06.
+ SA 01.07.

jeweils 23 Uhr

 

Alle Infos unter: http://www.supersonic-airglow.com

https://www.kinoluzern.ch/kino/128076/supersonic-airglow.html?aktuell