Barocker Schürzenjäger

Luzerner Theater, 01.10.14: Der iberische Casanova, der Vujo Spaniens: Don Juan, der Inbegriff des Aufreissers, macht Halt im Luzerner Theater. Er macht auch hier genau das, was er seit Hunderten von Jahren macht: Frauen verführen und das Publikum unterhalten.

(Von Flavio Marius)

Barocke Orchestermusik, üppige Kleider und ein aufwendiges Bühnenbild: Das Ballet «Tanz 16» hat es in sich und bietet neben Tanz gleichermassen Schauspiel und klassische Musik. Dadurch gelingt es der Produktion, nicht bloss den Tanzbegeisterten einen unterhaltsamen Abend zu bieten, sondern ein breites Publikum zu begeistern. Don Juan erzählt den Mythos des sagenumwobenen Frauenhelden wortlos und anschaulich. Der Spanier Samuel Déniz Falcón in der Hauptrolle verführt, liebt und macht sich aus dem Staub - alles ausgesprochen vielseitig. Die Choreografie beschränkt sich dabei kaum einmal auf die Hauptfiguren einer Szene, sondern wird stets vom gesamten Tanzensemble getragen. Dies oft wortwörtlich: Die Protagonisten schweben oder fallen, getragen von den Nebenfiguren und gleiten so an ihren Platz in der Kulisse oder übergangslos in die nächste Szene. Die Bewegungen von Don Juan und seiner Geliebten gehen deshalb über weite Strecken vollständig von den Tanzenden aus, die sie umgeben. Schnelle und eindeutige Bewegungen nahe am Körper sprechen für sich und unterstützen so die Handlung. Dies hat freilich damit zu tun, dass sich die Choreografie vornimmt, den Grossteil der Geschichte in konkreten Gesten zu erzählen. Sicherlich wird die Darbietung damit zugänglicher und in einigen Fällen auch wirklich witzig. Aber erst wenn die Kulisse die Bühne komplett zum Tanz freigibt und es damit auch der gesamten Equipe erlaubt, sich freier zu bewegen, beginnen die Körper das zu erzählen, was eben nur durch Tanz gesagt werden kann. Solche Momente werden sparsam eingesetzt und wirken dementsprechend stark. Die Kulisse mag viel Platz beanspruchen, den ist sie aber allemal wert, dank schmucken Malereien und ausgeklügelten Ideen. Öffnet zu Beginn der Vorhang zum ersten Mal, ergibt sich durch gestaffelte Ebenen nämlich etwa derselbe Effekt, wie beim Aufschlagen eines Popup-Buches: Die Bühne springt einem förmlich entgegen. Die Sicht auf das Geschehen wird zudem durch den einfachen und genialen Trick verbessert, dass die Bühne gegen das Parkett hin leicht geneigt ist und so besser überschaut werden kann. Überhaupt wird stark auf das Zusammenspiel von Bühne und Tanz geachtet. Laufend wird die Kulisse etwa innerhalb der Choreografie verändert oder in Bewegung versetzt. Bretter, die von den Darstellenden getragen werden, ersetzen weitere Bühnenelemente oder werden in den Tanz involviert. Durch diese Möglichkeiten der mobilen Kulisse und der tragbaren Bretter ergibt sich eine wandelnde und vielseitige Bühne, die eine abwechslungsreiche Handlung ermöglicht. Sicherlich ein Höhepunkt ist die Spiegelszene, in der ein Doppelgänger Don Juans dessen Spiegelbild mimt. Ein klassischer Gag, der in diesem Stück nicht alleine da steht. Es scheint, als wären die Szenen aus Don Juans Leben eben gerade so gewählt, damit sie durch ihre Anschaulichkeit den unterhaltsamsten Eindruck auslösen. Zugegebenermassen eignet sich das Leben eines Schürzenjägers ideal dafür.

Weitere Vorführungen bis Ende Jahr im Luzerner Theater.