Barfuss und mit Chlorgeruch – Performances im Hallenbad Luzern

Die 10. Ausgabe der migma Performancetage fand in den Nassbereichen des Luzerner Hallenbades statt.

Luzern, Freitag, 11. Mai 2012. Der reguläre Schwimmbetrieb im städtischen Hallenbad Luzern dauert noch bis zur Eröffnung des Neubaus auf der Allmend im August 2012. Das Areal an der Bireggstrasse möchte die Stadt Luzern gerne für eine kulturelle Zwischennutzung zur Verfügung stellen. Eine erste solche Annäherung ergab sich mit der Durchführung der migma Performancetage, ein seit 2001 regelmässig organisiertes und an wechselnden Orten stattfindendes Performance-Festival im Kanton Luzern. Barfuss und mit einem penetranten Chlorgeruch in der Nase sind die Besucher in den Genuss eines abendfüllenden Programmes von ortspezifischen Performances gekommen.

Eine Langzeitperformance von «Detektiv Bureau», ein lokales Gestaltungs- und Veranstaltungsteam bestehend aus Mathis Pfäffli, Nadine Gerber, Daniel Peter und Christoph Barmettler, befasste sich mit dem Zusammenbau eines fahrtüchtigen Flosses aus zahlreichen weissen Tafeln, die einigen Lesern bereits als Installation bei der Galerie 50km/h an der Bernstrasse 2 aufgefallen sein könnte.

Nach einem langwierigen Beginn der Veranstaltung begann Cornelia Hartmann ihre Tanzarbeit durch eine spielerische Interaktion mit dem Prinzip Weitersagen, welches das Publikum mittels Zuflüstern von Sätzen in ihre Performance integrierte. Nachfolgend kämpfte sich die Künstlerin durch die Wasserrutsche, was durch ihre körperlichen Umrisse und kraftvollen Bewegungen ersichtlich wurde. Eine Rutschpartie in Manier eines gestrandeten Fisches, der sich zunehmends aus seiner hilflosen Situation herauszuwinden versuchte, setzte die Performance rund um den Beckenrand fort. Es machte den Anschein einer evolutionistischen Anspielung auf die Menschwerdung, die sich durch eine fortwährende Komplexität der Bewegungsabläufe erkennen liess und mit der Entwicklung eines Sprachapparates abgeschlossen wurde.

Die knapp 100 Besucherinnen und Besucher wurden anschliessend in den Eingangsbereich des Hallenbades gelockt. Ein als moderner Waldschrat kostümierter Domenico Billari empfing das Publikum in gebrochenem Englisch und mit einer irritierenden Portion Magie und Rauchgeschmack. Nach einer persönlichen Begrüssung mittels Händedruck mit jedem einzelnen Gast erläuterte Billari seine Absichten und den Aufbau der Performance. Sein dreiteiliger Beitrag beinhaltete, neben der Begrüssungszeremonie im Foyer, eine kuriose Kurzgeschichte über italienische Frauen und einen afrikanischen Piloten während des Zweiten Weltkrieges, erzählt in der Knabengarderobe Nummer 3. Als Abschluss inszenierte Domenico Billari «the first Swiss underwater exhibition», eine minimalistische-pompöse Ausstellung einer (Wasser-) Ratte, eines Schals und einem blauen Tuch.

Pascale Grau, kostümiert in einem aus 300 ausgeblasenen Hühnereier gefertigten Badeanzug mit Haube, führte ihre aus dem Jahr 1993 datierte Solo-Performance «Eisprung» als «Eisprung revisible» auf. Damit hinterfragte Pascale Grau das prozessorientierte Element der einmaligen Aufführung einer Performance und erweiterte die vorgetragene Arbeit durch eine Verknüpfung mit Archivmaterial, projiziert auf eine Leinwand und live vorgesungen auf dem Sprungbrett. Gesprungen, wie 1993, ist Pascale Grau übrigens nicht.

Die finale Darbietung gestaltete der Stimmenkünstler Christian Zehnder. Ausgestattet mit einem schwimmenden Klangkörper, gebastelt aus Holz und Schwimmhilfen, erzeugte Christian Zehnder durch die Verwendung eines Schnorchels neuartige Töne und Laute. Seinen musikalischen Rufen folgend, erschienen nacheinander sechs, an die Sirenen der griechischen Mythologie anmutende, junge Frauen am Beckenrand. Es entwickelte sich ein Hin und Her einer betörenden Tonalität, die eine steigernde Verflechtung zwischen Dschungelgeräuschen, Kehlkopfgesängen und dissonanten Tönen erfuhr und am Ende wieder aufgelöst wurde.

Die migma Performancetage fanden vom 11. – 12. Mai 2012 im Hallenbad Luzern statt.