Aufzeichnungen eines Unwissenden ...

…, der versuchte John Cage zu mögen und scheiterte. Freitag 20. April, Südpol. Retrospektive zum 100. Geburtstag Cages, aufgeführt vom Studio für zeitgenössische Musik der Hochschule Luzern.

Sixteen Dances (9-16) Ziemlich pompös. Viel Dissonantes. Viele Pausen. … Was zur Hölle machen die da? Kunstverständnis und Offenheit in Ehren, das ist jetzt schon anstrengend. Mag das jemand? Hier, in diesem Raum? Machen die nicht alle einfach ein interessiertes Gesicht? Oder kapier ich das jetzt einfach nicht? Der rechts von mir liest im Booklet und atmet schon schwer entnervt. Bin ich zu blöd oder ein zu schlechter Schauspieler? 16 Dances … der wie vielte ist das? Habe noch keinen entdeckt. Wenn es «One Big Pile of Weird Music» heissen würde, verstünde ich wenigstens das Konzept. Shit. Nach der Pause bin ich weg. Der rechts von mir fängt an zu lachen. Ich auch. Aaaaah! Einfach weiterschreiben, schön weiterschreiben. Aber wenn die Seite voll ist, habe ich ein Problem. Umblättern ist ziemlich laut. Ich bin verdammt! Das Bild von Cage mit dem dämlichen Partyhut auf dem Heftchen machts auch nicht besser. Nicht. Lachen. Bitte lass es Tanz 16 sein. Nicht 11! Konsequent ware es, aufzustehen und zu gehen. … Ich kenne keinen Zeitgenossen, der zeitgenössische Musik mag. Das waren jetzt bestimmt 40 Minuten. Fertig. Der hinter mir behauptet, ihm würde das gefallen. Meint der das ernst? Dass er die Prügel, die er dem rechts von mir androht, ernst meint, nehm ich ihm ab.

Sonatas and interludes (I–IV) Eine alleine am Klavier. Das ist dann wohl so ein «prepared piano». Scheisse, mir ziehts schon wieder die Mundwinkel nach oben. Bin ich das Arschloch der zeitgenössischen Musik? Spieltechnisch sieht das extrem anspruchsvoll aus. Könnte aber auch nicht sagen, ob da ein falscher Ton dabei war. Guter Hook! Ich schätze mal, das ist Nr. 2 Hat was, wie sie ganz relaxed ‘ne Seite weglegt. Könnte Nr. 4 sein. Das ist weniger merkwürdig, kommt ganz gut.

Radio Musik 5 Leute mit je einem Radio. Nein, 6, da hinten ist noch einer. Drehen dran herum. Fetzen von Nachrichten, Popsongs, Rauschen … Ziemlich interessant, das könnte man so nie mehr aufführen. Die haben das tatsächlich ausnotiert vor sich. Die Frequenzen? Oder Sprünge? In erster Linie chaotisch, hat aber was.

Solo for Voice 52 Lustiges Outfit. Wird das ‘ne Schauspielperformance? Ist das russisch? Ist die wahnsinnig? Ist das japanisch? Unglaublich! Was die mit ihrer Stimme anstellen kann. Und schauspielern kann sie auch. Das ist komplett irre Jetzt lacht der rechts von mir wieder. Ich glaube, hier dürfte man auch. Das kann ja nur irritierend gemeint sein, und auf ‘ne Reaktion abzielen. Trotzdem, reiss dich zusammen! Nicht aufschauen, schön weiterschreiben. War das jetzt wieder russisch? Und das japanisch? Jaja, das hab ich jetzt kapiert. Die wollen mich verwirren. Gut gemacht.

Six Melodies for violin & keyboard Ich versuch mal mitzuzählen. Eins. Was für eine Ruhe … Aber scheiss viel Dissonanz mal wieder. Kann John Cage einen nicht einfach mal in Frieden abdriften lassen? Zwei. Ziemlich ähnlich. Oder? Vielleicht ist’s auch noch das erste und der Brenner ist mittendrin gekommen und hat was am Keyboard verstellt. Eher nicht. Drei. Das ist jetzt anders. Bisher nichts mehr so abartig wie die 16 Tänze, aber ich komme trotzdem nicht mehr nach der Pause. In entspannterer Atmosphäre könnte ich mir das antun, aber hier … Vier …? Ganz beschwingt, mal was weniger Anstrengendes. Sechs! Sechs! Sechs! Gut, das ist jetzt unfair, ich muss einfach aufs Klo. Füüüünf. Hatten wir das nicht schon? Ich mag die Bewegungen von der am Klavier. War das jetzt ein Wechsel? Oder eine Pause? Aha! Es war ein Wechsel. Pause. Ade.