Amigos en la Musica

Scala Kino Kriens, 14.11.2015: Zum zweiten Mal fand das kleine Musikfestival rund um leidenschaftliche Gitarrenklänge im Scala Kriens statt. Eine Reise in die Welt des südamerikanischen Tangos.

In Zusammenarbeit mit «Migration-Kriens integriert» organisierten die beiden Argentinier Carlos Ramirez und Marcello Rossini bereits zum zweiten Mal das kleine Musikfestival «Amigos en la Musica» im Scala Kriens. Innerhalb von etwa zweieinhalb Stunden fanden drei Konzerte verschiedener Genres statt, begonnen mit Julio Azcano, gefolgt von Simon & Guests und zum Schluss die Band Carmatango.

Scala

Julio Azcanos Gitarrenspiel war präzise, gleichzeitig ungemein schnell und von einer wunderbaren Leichtigkeit geprägt. Seine Stücke – in denen er klassische Gitarre mit Tango, Improvisation und Jazz verband – zeugten von Tiefe und Komplexität. Schloss man beim Zuhören die Augen, so war man sich nicht immer ganz sicher, ob auf der Bühne wirklich nur ein einzelner Gitarrist spielte, derart schnell und vielschichtig waren seine Melodien. Und trotz der virtuosen Technik verharrte Azcano nicht auf einer abstrakten, dem Publikum nur schwer zugänglichen Ebene. Durch seine zurückhaltende Emotionalität und Poesie gelang es ihm, eine direkte Brücke zu den Zuhörern zu errichten und dies ohne je Gefahr zu laufen, in kitschige Sphären abzurutschen. Es war ganz einfach atemberaubend, dem Live-Künstler zuzuhören. Azcano ist gleichzeitig ein bescheidener Mann der wenigen Worte und der vielen Gefühle. Die Anschläge in Paris kommentierte er damit, dass immer Hoffnung bestehe, da ein «offener Himmel», alle Nationen verbände.

Julio

Nicht ganz ersichtlich war der Zusammenhang – also der bekannte «rote Faden» – zwischen Simon & Guests und den beiden anderen Auftritten. Genremässig passte Julio Azcano perfekt zu Carmatango, schon schwieriger war es dagegen, eine Pop Oper innerhalb des Festivals einzuordnen. Der Auftritt von Simon Bühler und Harper Seven als «Guest» war überzeugend: der Sound stimmte, die Stimmen waren solide. Als Gesamtes aber bot ihre Musik zu wenige «Kanten», an denen die Aufmerksamkeit hätte hängen bleiben können. Zwischen dem virtuosen Solo-Gitarristen und der lebhaften Carmatango-Gruppe wäre ein aussergewöhnlich spezieller Auftritt nötig gewesen, um nicht unterzugehen. Simon & Guests hat viel Potential, müsste aber, um in Erinnerung zu bleiben, noch eine Spur eigenständiger werden.

Simon n Guests

Marcello Rossini und Carlos Ramirez – beide in Buenos Aires geboren – gründeten 2008 das Duo Carmatango mit dem Ziel, den Tango und die argentinische Folklore nach Europa zu tragen und dem Publikum in der Schweiz zugänglich zu machen. Drei Jahre später fanden sie in der Geigenspielerin Maria Holl eine perfekte Ergänzung. Am «Amigos en la Musica» wurden sie zusätzlich vom Perkussionisten Pablo Lacolla unterstützt. «Authentisch» ist das Carmatango am treffendsten beschreibende Wort. Damit ist kein inflationär verbrauchtes Touristen-Authentisch gemeint, sondern vor allem eines: Glaubwürdigkeit. Ob die Einheimischen in den Hafenstädten Argentiniens oder in Córdoba tatsächlich exakt diese Musik spielen, ist dabei nicht von Bedeutung. Carmatango lebt ihre Musik und trat mit grosser unverfälschter Freude auf die Bühne. Der südamerikanische Funken sprang auf die Gäste über und erwärmte die herbstlich-kühl gestimmten Geister.

Carmatango

Das Konzept von «Amigos en la Musica» funktionierte. Mit etwa einer Dreiviertelstunde waren die Konzerte zeitlich jeweils knapp angesetzt. So wurde man den Gitarrenklängen nie müde, im Gegenteil, man verblieb mit ein bisschen Hunger auf mehr. Nicht unverändert verliess man das Scala an diesem Abend. Das Festival ermöglichte Einblicke in eine poetische Welt fern jeglicher Sachzwänge und vermochte das Publikum zu verzaubern. Und wieder bestätigte sich an diesem Abend, dass die spannendsten Projekte oftmals nicht in ausverkauften Stadien stattfinden.